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  • Gottfried Schüll

Verfassungsbeschwerden gegen Europäisches Patentamt erfolglos

Bundesverfassungsgericht bestätigt den vom Grundgesetz geforderten Rechtsschutz

Düsseldorf, 12.01.2023 – Mehrere Verfassungsbeschwerden, die sich gegen Entscheidungen der Technischen Beschwerdekammern und der Großen Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts (EPA) wenden, sind unzulässig. Das geht aus einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 8. November 2022 hervor, der am 12. Januar 2023 veröffentlicht wurde.

Die Beschwerdeführerinnen, eine deutsche Personengesellschaft und mehrere juristische Personen aus Deutschland, anderen EU-Ländern und Drittstaaten, hatten im Wesentlichen beanstandet, dass die angegriffenen Entscheidungen auf einem generellen und offenkundigen Rechtsschutzdefizit beruhen und Prozessgrundrechte verletzen.

Der Zweite Senat des BVerfG, der sich vorwiegend mit Kompetenzstreitigkeiten zwischen Bund und Ländern sowie der Verfassungsorgane untereinander befasst, kam unter anderem zu dem Schluss, dass die Beschwerdeführerinnen mit Sitz in Drittstaaten nicht beschwerdeberechtigt sind, weil sie sich nicht auf die Grundrechte des Grundgesetzes berufen können. Eine Verletzung der Rechte auf den gesetzlichen Richter und auf die Gewährung rechtlichen Gehörs können laut BVerfG sämtliche Beschwerdeführerinnen nicht geltend machen, da diese nur durch Entscheidungen deutscher Gerichte verletzt werden können. Zudem fehle es den Verfassungsbeschwerden, die sich unmittelbar gegen die Entscheidungen der Technischen Beschwerdekammern und der Großen Beschwerdekammer des EPA richten, an einem tauglichen Beschwerdegegenstand. Auch in der Sache haben aus Sicht des BVerfG die Beschwerdeführerinnen nicht hinreichend substantiiert dargelegt, dass das verfassungsrechtlich geforderte Mindestmaß an wirkungsvollem Rechtsschutz durch die Organisation des Rechtsschutzsystems des EPA jedenfalls auch nach dessen Strukturreform verfehlt würde.

Die 2016 beschlossene Strukturreform des EPA hatte insbesondere zur Folge, dass die Beschwerdekammern und die Große Beschwerdekammer als gesonderte Beschwerdeeinheit organisiert wurden. Diese neu geschaffene, selbständige Einheit wird nun vom Präsidenten der Beschwerdekammern geleitet, der zugleich Vorsitzender der Großen Beschwerdekammer ist. Er ist vom EPA-Präsidenten unabhängig und nur dem Verwaltungsrat zur Rechenschaft verpflichtet.
Die Verfassungsbeschwerden gegen das EPA sind zum Teil seit 2010 anhängig. Die Entscheidung des BVerfG war daher seit langem erwartet worden. „Mit dem nun veröffentlichten Beschluss hat das Bundesverfassungsgericht klargestellt, dass die Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts den vom Grundgesetz geforderten Rechtsschutz gewährleisten“, sagt Gottfried Schüll, Patentanwalt und Partner von Cohausz & Florack. „Damit dürfte auch das Vertrauen von Patentinhabern in das Rechtsschutzsystem des EPA gefestigt worden sein.“

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