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  • Gottfried Schüll

Europäischer Gerichtshof legt klare Regeln bei SEP-Klagen fest

Urteil im Patentverfahren zwischen Huawei gegen ZTE

Düsseldorf, 17.07.2015 – Im Patentstreit zwischen den chinesischen Mobilfunkunternehmen Huawei und ZTE hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) wie erwartet entschieden: Besitzt ein Unternehmen ein standardessentielles Patent (SEP) – im Falle von Huawei handelt es sich hierbei um den Mobilfunkstandard LTE – ist hieraus nicht zwangsläufig eine marktbeherrschende Stellung abzuleiten. Diese muss vielmehr vom Beklagten belegt und von dem nationalen Gericht im Einzelfall geprüft werden. Sollte eine marktbeherrschende Stellung vorliegen, kann das Unternehmen dazu verpflichtet werden, dem Wettbewerber ein Lizenzangebot zu unterbreiten. Das Lizenzangebot muss dabei zu fairen, zumutbaren und diskriminierungsfreien Bedingungen (sog. FRAND-Bedingungen) erfolgen und zudem alle branchenspezifischen Klauseln enthalten, die in einem Lizenzvertrag üblicherweise aufgeführt sind. Hierzu gehören insbesondere auch die Höhe der Lizenzgebühr und die Berechnungsart. Außerdem ist der Patentinhaber dazu verpflichtet offenzulegen, welche Patente verletzt wurden und worin die Verletzung genau besteht.

Niedrigere Anforderungen für FRAND-Lizenzangebote

Auf das Lizenzangebot hat der Patentverletzer sorgfältig und ernsthaft zu reagieren. Lehnt er das Angebot ab, muss er dem Patentinhaber kurzfristig ein schriftliches Gegenangebot unterbreiten und für die Lizenzgebühren Sicherheit leisten. Ist das Verhalten des Patentverletzers dabei jedoch als rein taktisch, zögerlich oder nicht ernst gemeint zu bewerten, bedeutet ein Antrag auf Unterlassung seitens des Patentinhabers nicht, dass dieser seine marktbeherrschende Stellung missbraucht. Auch Klagen des Patentinhabers auf Rechnungslegung ebenso wie auf Schadensersatz für vergangene Nutzungen des Patents stellen selbstverständlich keinen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung dar. Ob die entsprechenden Maßnahmen angemessen sind, entscheidet das jeweils zuständige Gericht.

Die Auseinandersetzung zwischen Huawei und ZTE hatte das Landgericht Düsseldorf im Frühjahr 2013 an den EuGH verwiesen, um Widersprüche in den Rechtsauffassungen bei SEP-Klagen zwischen dem BGH und der EU-Kommission aufzulösen. Die EU-Kommission hatte im Vergleich zum BGH höhere Anforderungen für FRAND-Lizenzangebote des Patentinhabers gefordert. Mit seiner gestrigen Entscheidung, die zwischen beiden Positionen vermittelt, folgt der EuGH der Auffassung des Generalanwalts Melchior Wathelet, der dem EuGH bereits im November 2014 einen Vorschlag in dieser Rechtssache unterbreitet hat.