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Neue Studie: Beachtliche Patentaktivität kleiner Deep-Tech-Unternehmen in Europa, aber geringer als in den USA

EPA-Pressemitteilung vom 28.04.2022

  • Deep-Tech-Unternehmen in den USA dominieren Patentanmeldungen bei intelligenten vernetzten Technologien
  • Drei Viertel der kleinen Deep-Tech-Unternehmen, die intelligente vernetzte Technologien entwickeln, nennen Zugang zu Finanzierungen und Fachkräftemangel als Bremsfaktoren
  • Einheitspatent, besserer Zugang zu Wachstumsfinanzierungen in späteren Phasen und gezielten Zuschüssen sowie frühzeitige Einführungsstrategien für Start-ups sollen EU-Firmen helfen

Luxemburg/München, 28. April 2022 - Der heute veröffentlichte gemeinsame Bericht des Europäischen Patentamts (EPA) und der Europäischen Investitionsbank (EIB) mit dem Titel „Deep tech innovation in smart connected technologies" erläutert, auf welche besonderen Hindernisse kleine Unternehmen bei der Entwicklung fortschrittlicher digitaler Technologien in der EU stoßen. Cloud-Computing, das Internet der Dinge, 5G-Netze und künstliche Intelligenz werden oft als Technologien der Industrie 4.0  bezeichnet. Sie bilden einen wichtigen Teil der Deep Technology. Nach der digitalen Revolution verschmelzen in der vierten industriellen Revolution (4IR-Technologien) nun neue Technologien die physische, digitale und die biologische Welt. Der neue Bericht enthält Empfehlungen, wie das Wachstum von EU-Unternehmen weiter angekurbelt und Deep-Tech-Innovationen in der EU gefördert werden können.

Zum vollständigen Bericht und zur Zusammenfassung.

EPA-Präsident António Campinos: „Vom Internet der Dinge über Cloud-Computing und 5G bis hin zu künstlicher Intelligenz - Innovationen bei intelligenten vernetzten Technologien verändern den Status quo weltweit in rasantem Tempo. Kleine, aber hochinnovative europäische Unternehmen können Europas Wettbewerbsposition bei den digitalen Technologien entscheidend stärken. Die Studie zeigt, mit welchen Strategien und in welchem Geschäftsumfeld diese Unternehmen aufblühen."

EIB-Vizepräsident Ricardo Mourinho Félix: „Neue intelligente vernetzte Technologien werden die Wirtschaftsleistung der Europäischen Union bis 2030 um 2,2 Billionen Euro steigern. Europäische Unternehmen sind internationalen Firmen dicht auf den Fersen, und wir müssen in Deep-Tech-Innovationen investieren, um Europa bei fortschrittlichen digitalen Technologien noch wettbewerbsfähiger zu machen. Die EIB-Gruppe und ihre Partner stehen bereit, um private und öffentliche Investitionen zu mobilisieren. Wir wollen, dass Firmen, die diese Technologien entwickeln, florieren."

US-Vorsprung bei globaler Patentaktivität

Gemäß der Studie ist bei den 4IR-Technologien, die hauptsächlich intelligent vernetzte Geräte betreffen, eine starke globale Patentaktivität kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) in Europa zu verzeichnen: 15 Prozent der internationalen Patentfamilien (Patentanmeldungen, die in mindestens zwei Ländern oder bei einem regionalen Patentamt eingereicht werden) entfielen auf die EU-27. Diese leisteten damit nach den USA und Japan den drittgrößten Beitrag zu internationalen Patentfamilien. Zwischen 2010 und 2018 – dem Berichtszeitraum der Studie – stieg die Patentaktivität von KMU in der EU für diese Technologien rasch an, jährlich um durchschnittlich fast 20 Prozent.

Trotz solider Patentaktivität weisen die EU-Länder gemessen an ihrer Innovationsfähigkeit insgesamt den geringsten Spezialisierungsgrad bei den 4IR-Technologien auf. Die bedeutendsten globalen Innovationszentren wie die USA, Japan, China und Südkorea sind in diesem Bereich am stärksten spezialisiert.

In absoluten Zahlen hinkt Europa den Vereinigten Staaten auch bei der Anzahl der KMU hinterher, die 4IR- Technologien entwickeln. In den USA meldeten 6 517 kleine Unternehmen Patente für intelligente vernetzte Geräte an, in der EU waren es mit 2 634 nicht einmal halb so viele.

EU-Vorreiter

In der EU sind die meisten KMU, die 4IR-Technologien entwickeln, in Deutschland (570), Frankreich (400) und Italien (273) angesiedelt. Einige kleinere EU-Länder, wie Finnland, Schweden, Irland und Dänemark, schneiden im Verhältnis zu ihrer Größe besser ab als andere EU-Länder und sogar als die USA, da dort viele kleine 4IR-Unternehmen angesiedelt sind. Außerhalb der EU schneiden auch das Vereinigte Königreich, die Schweiz und Norwegen außergewöhnlich gut ab.

USA und EU – Unterschiede und Gemeinsamkeiten

Drei Viertel der kleinen und mittleren Deep-Tech-Unternehmen in der EU und den USA, die 4IR-Technologien entwickeln, nennen den fehlenden Zugang zu Finanzmitteln und den Mangel an qualifizierten Fachkräften als Bremsfaktoren für ihr Geschäft.

Laut der Studie haben diese Unternehmen sowohl in der EU als auch in den USA eine überdurchschnittlich hohe Investitionsintensität und mehr Entwicklungskosten. Zudem brauchen sie Zeit, um ihre Innovationen auf den Markt zu bringen.

So betrachten 49 Prozent der KMU, die 4IR-Technologien entwickeln, Patente als sehr wichtig, um an Finanzierungen zu gelangen, und 80 Prozent berichten, dass ihre Investoren Wert auf eine Strategie für geistiges Eigentum legen.

Unternehmen in Europa und den USA ähneln sich statistisch gesehen in puncto Größe und Alter: 80 Prozent der europäischen 4IR-KMU haben weniger als 50 Beschäftigte, und 42 Prozent bestehen seit weniger als zehn Jahren. Sie sind in den Bereichen Gesundheit, Verkehr, Cleantech und Datenanalyse aktiv und häufig im verarbeitenden Gewerbe tätig (44 Prozent).

Kleine und mittlere Unternehmen haben mit 16 Prozent in den USA einen größeren Anteil an der gesamten 4IR-Patentaktivität als in Europa, wo sie auf die gesamte EU bezogen nur 10 Prozent ausmachen.

Europäische KMU, die 4IR-Technologien entwickeln, betrachten die EU und die USA als primäre Wachstumsmärkte: 57 Prozent der Unternehmen nennen Europa als Spitzenmarkt für Wachstum, 24 Prozent wollen sich künftig eher in Richtung USA orientieren. US-Unternehmen bevorzugen dagegen eher den US-Binnenmarkt für ihr aktuelles und künftiges Wachstum. Nur 10 Prozent von ihnen betrachten Europa als künftigen Primärmarkt.

Wichtigste Empfehlungen

Das EPA und die EIB schlagen aufgrund von Daten, Feedback und Fallstudien mehrere strategische Tools vor, die Innovationen für vernetzte Technologien in Europa ankurbeln können.

Eine der wichtigsten Empfehlungen betrifft Innovationsfinanzierungen:

  • gezielte Zuschüsse und frühzeitige Einführungsstrategien für 4IR-Start-ups, kombiniert mit größeren Finanzierungsrunden für Unternehmen in späteren Entwicklungsphasen. Die EIB-Gruppe bietet Instrumente an, die die Finanzierungslücke für innovative Unternehmen in der EU schließen. Neben Investitionen des EIF in Risikokapital- und Scale-Up-Fonds in der EU fördert die EIB Innovationen in Form von Investitionsberatung für den European Innovation Council Fund (Zuschüsse und Eigenkapital) sowie in Form von Direktinvestitionen über Risikokapital-/Quasi-Eigenkapital-Instrumente für ein großes Portfolio von innovativen Vorhaben.
  • Die Marktfragmentierung in der EU und der fehlende Zugang zu Spitzentalenten bremsen die Unternehmen weiterhin aus: Eine bessere europäische Zusammenarbeit beim geistigen Eigentum, wie etwa durch die Einführung des Einheitspatents in der EU, ist begrüßenswert. Die Studie empfiehlt unter anderem, digitale Kompetenzen zu fördern und mehr Bildungs- und Berufsbildungsmöglichkeiten in diesem Bereich anzubieten.

Die EPA-EIB-Studie ist Teil des stetigen Engagements des EPA für das Wachstum von KMU und den digitalen Wandel in Europa. Laut Patentindex 2021 des EPA stammte eine von fünf aus Europa eingereichten Patentanmeldungen beim EPA von einzelnen Erfindern oder Erfinderinnen oder von KMU (weniger als 250 Beschäftigte).

Eine weitere EPA-Studie aus dem Jahr 2021 beleuchtet die wirtschaftlichen Vorteile von geistigem Eigentum, besonders für kleine Unternehmen. Sie zeigt, dass KMU, die geistiges Eigentum besitzen, einen um 68 Prozent höheren Umsatz pro beschäftigter Person verzeichnen als Unternehmen ohne geistige Eigentumsrechte.

Dies ist eine Original Pressemitteilung des Europäischen Patentamts vom 28.04.2022.

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