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  • Dr. Reinhard Fischer

Fremdes Werk – stärkere Wirkung?

Von Werbespot bis Onlineshop: Wer den eigenen Produkten ein exklusives Image verleihen möchte, zieht gerne fremde Werke hinzu. Das kann hilfreich sein, birgt aber auch urheberrechtliche Risiken.

Inwiefern darf ich fremde Waren oder Werke zeigen, um für meine eigenen zu werben? Diese Frage stellt sich vielfach Werbetreibenden im Kreativbereich. Zum Beispiel wenn es darum geht, die hohe Qualität eines Produkts und damit auch dessen exklusives Image zu unterstreichen. Ob Hersteller oder Werbeagentur, Start-up oder Großkonzern – jeder, der durch Hinzuziehen anderer Produkte für die eigenen werben möchte, sollte vorsichtig sein.

Gerade im Bereich des Urheberrechts gibt es Fallstricke. Zum Beispiel wenn ein entsprechend geschütztes Werk in der Werbung für ein Produkt als „Beiwerk“ verwendet wird, wie es viele Versandhändler und Onlineshops tun. So entdeckt man bei Werbemotiven von Möbelanbietern häufig fremde Werke wie Gemälde, Fotos oder Skulpturen, die zum Beispiel im Hintergrund eines Wohnzimmers angeordnet sind. Ebenfalls beliebt ist die Darstellung exklusiver Produkte anderer Hersteller. Der Werbeeffekt ist klar: In einem solchen Ambiente wird auch das präsentierte Möbelstück oft als exklusiv wahrgenommen. Bei  Werbeformen dieser Art empfiehlt es sich grundsätzlich, die Zustimmung des Urhebers des betreffenden Werks oder – falls es sich etwa um ein designgeschütztes Produkt handelt – das Einverständnis des jeweiligen Rechteinhabers einzuholen. Auf diese Weise lässt sich vermeiden, dass es eines Tages zu Unterlassungs- und Schadensersatzforderungen kommt. Die Zustimmung seitens des Urhebers (bei urheberrechtlich geschützten Werken) ist jedoch nicht unbedingt erforderlich, wenn es sich bei dem dargestellten Werk nur um unwesentliches Beiwerk handelt – wenn also das Werk keinerlei Einfluss auf die Gesamtwirkung hat und genauso gut weggelassen oder ausgetauscht werden könnte. Eine Frage, die sich nur mit Blick auf den Einzelfall beantworten lässt. Eine Alternative ist die Verwendung bereits sehr alter Werke, da der Urheberrechtsschutz 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers endet.

Eine interessante Ausnahmeregelung wird unter § 59 UrhG als „Panoramafreiheit“ bezeichnet: Diese gilt, wenn sich das Werk dauerhaft an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befindet – und auch wenn es sich bei dem dargestellten Werk nicht um Beiwerk im oben beschriebenen Sinne handelt. So kommt es oft vor, dass sich Unternehmen in ihren Werbeanzeigen der Skyline einer bekannten Metropole bedienen, um ihren Produkten ein internationales Image zu verleihen. Dies ist erlaubt, wenn die Skyline und damit auch die dazugehörigen urheberrechtlich relevanten Bauwerke so gezeigt werden, wie sie von einem öffentlichen Platz aus sichtbar sind. Ein Beispiel für Panoramafreiheit aus der Rechtsprechung sind die mit einem auffälligen Kussmund versehenen Schiffe der AIDA Cruises: Ein Künstler hatte den Kussmund für die Kreuzfahrtgesellschaft entworfen und ihr durch einen Lizenzvertrag das ausschließliche Nutzungsrecht übertragen. Ein Anbieter von Ausflügen bei Landgängen hatte daraufhin ein Foto des Schiffes ins Netz gestellt, das von einem öffentlichen Platz aufgenommen wurde. Laut BGH (2017) war dies zulässig, da sich gemäß der Panoramafreiheit auch ein Kreuzfahrtschiff an öffentlichen Orten befindet und dazu bestimmt ist, für längere Dauer auf dem Gewässer und in Seehäfen eingesetzt zu werden und öffentlich sichtbar zu sein.

Grundsätzlich sollten Unternehmen oder Agenturen bei der Nutzung fremder Werke für Werbezwecke vorsichtig sein. Ratsam ist es stets, sich beim jeweiligen Rechteinhaber abzusichern und dessen Zustimmung einzuholen. Oder aber über Alternativen nachzudenken und womöglich ganz auf die Darstellung fremder Werke zu verzichten. Denn vielleicht ist die eine oder andere Werbebotschaft ebenso gut auf anderem Wege zu vermitteln? Hier ist Kreativität gefragt.

Erschienen in Ausgabe 6/2021 der Zeitschrift creativ verpacken.

Headerbild: saquizeta - AdobeStock.com