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  • Dr. Reinhard Fischer

BGH-Urteile zum Markenschutz von Ritter Sport und Dextro Energy

Quadratisch, praktisch – geschützt

Ritter Sport und Dextro Energy: Beide Produkte sind süß – und quadratisch. Den Schutz der Formmarken hat der BGH vor Kurzem bestätigt. Die Entscheidung zeigt, worauf es beim Markenschutz von Produkten und Verpackungen ankommen kann.

Eine quadratische Schokolade passt in jedes Sportjacket, ohne dass sie bricht: Glaubt man der Firmenlegende von Ritter Sport, kam Clara Ritter, die Ehefrau des Unternehmensgründers Alfred Eugen Ritter, in den 30er Jahren so auf die Idee für die Form der Tafeln. Quadratisch und demnach praktisch? Gerade diese Annahme ist dem Süßwarenhersteller fast zum Verhängnis geworden: Laut Markengesetz ist eine Grenze für den Markenschutz dann erreicht, wenn die Form durch die Art der Ware selbst bedingt ist. Dann müsste sie auch anderen Herstellern zur Verfügung stehen dürfen. So sah es im Fall Ritter Sport das Bundespatentgericht (BPatG). Der Milka-Hersteller Kraft Foods (heute Mondelez) hatte beim BPatG daher die Löschung der quadratischen Packung als geschütztes Markenzeichen erwirkt. Hier ging es vor allem um die Frage, ob die Verpackungsform für alle Wettbewerber frei verwendbar bleiben müsse. Und das, obwohl die Marke für die Inhaber verkehrsdurchgesetzt ist – also vom Markt überwiegend mit Ritter verbunden wird.

Die Richter des Bundesgerichtshofs (BGH) widersprachen jedoch im Oktober 2017 der Auffassung des BPatG, dass alle wesentlichen Merkmale der in der Marke gezeigten Warenform durch die Art der Ware selbst bedingt seien. In der Begründung des BGH heißt es, dass die quadratische Form keine wesentliche Gebrauchseigenschaft von Schokolade sei. Damit bleibt auch der Markenschutz für die quadratische Verpackung vorerst erhalten. Dabei hat es der BGH im Übrigen offengelassen, ob in einem solchen Fall das Schutzhindernis für Warenformen überhaupt auf Verpackungsformen übertragbar ist.

Nicht-technische Merkmale sind entscheidend

Ganz ähnlich der Fall Dextro Energy: Gegen den Traubenzuckerhersteller hatte ebenfalls ein Wettbewerber zunächst erfolgreich beim BPatG die Löschung der Formmarke für die quadratischen Zuckerstücke erwirkt. Hier ging es im Wesentlichen darum, ob die Form des Produkts zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich sei. Träfe das zu, käme der Markenschutz hier an seine Grenzen. Auch diese Entscheidung des BPatG hatte der BGH wieder aufgehoben. Die Begründung lautete, dass die Form und die Einkerbungen zwar praktische Funktionen haben, da sie den platzsparenden Transport und das Portionieren an den Sollbruchstellen gewährleisten – soweit aber die „besonders geformten Ecken und Kanten der Täfelchen den Verzehr angenehmer gestalten, liegt darin keine technische Funktion, sondern eine sensorische Wirkung beim Verbrauch“.

Hier zeigt sich, wie wichtig bei der Gestaltung eines Produkts oder einer Verpackung auch markante nicht-technische (zum Beispiel ästhetische) Merkmale sein können: Sie schaffen die Voraussetzung für den Markenschutz der Produkt- oder der Verpackungsform, der – anders als etwa der Designschutz – zeitlich unbegrenzt ist. Dabei gilt: Je stärker die äußere Form durch diese nicht-technischen Merkmale geprägt ist, desto besser der Schutz.

Übrigens: Waren- und Verpackungsformen müssen sich in ihrer Gestaltung erheblich von dem handelsüblichen Erscheinungsbild abheben, damit Unternehmen hierfür überhaupt Markenschutz bekommen können. Ist dies nicht der Fall, besteht noch die Möglichkeit nachzuweisen, dass die Waren- und Verpackungsform sich so auf dem Markt etabliert hat, dass potenzielle Kunden die betreffende Form mit nur einem Unternehmen in Verbindung bringen. Man spricht dann von „Verkehrsdurchsetzung“. Dies war bei Ritter Sport und Dextro Energy der Fall. Die Schutzhindernisse, die der BGH untersucht hat, hätten aber auch durch Verkehrsdurchsetzung nicht überwunden werden können.
 

Erschienen in Ausgabe 1/2018 der Zeitschrift creativ verpacken.

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