Verhängung eines Zwangsgeldes wegen Verstoßes gegen ein Unterlassungsgebot (EPG)

Einheitliches Patentgericht (EPG), Lokalkammer Düsseldorf, Anordnung vom 18.10.2023 – UPC_CFI_177/2023

Entscheidungsstichwörter:

E-Bike III

Normenketten:

Art. 25 lit. a, Art. 82 Abs. 3, Abs. 4 EPGÜ

R. 171.1 S. 1, R. 354.3, .4, R. 264 EPGVfO

Leitsätze:

  1. Wird eine gerichtliche Anordnung durch eine Partei nicht befolgt, kann der erstinstanzliche Spruchköper der betreffenden Kammer auf Antrag der anderen Partei oder von Amts wegen über die Festsetzung der in der Anordnung vorgesehenen Zwangsgelder entscheiden. Maßgebliches Kriterium für die Bestimmung der Höhe des Zwangsgeldes ist dabei die Bedeutung der Anordnung und damit letztlich das Interesse des Gläubigers an deren Durchsetzung, welches beispielsweise darin bestehen kann, die patentierten Produkte zu vertreiben.
  2. Das Zwangsgeld soll den Schuldner verlässlich von zukünftigen Verstößen und Verletzungen abhalten und besitzt daher in erster Linie eine Beugefunktion. Daneben stellt das Zwangsgeld jedoch auch eine strafähnliche Sanktion für die Übertretung des gerichtlichen Verbots dar, weshalb die Verhängung von Zwangsgeldern als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal auch ein Verschulden des Schuldners voraussetzt.
  3. Der doppelte Zweck des Zwangsgeldes erfordert es, die Bemessung des Zwangsgeldes jedenfalls in erster Linie mit Blick auf den Schuldner und dessen Verhalten vorzunehmen. Zu berücksichtigen sind insbesondere Art, Umfang und Dauer des Verstoßes, der Verschuldensgrad, der Vorteil des Verletzers aus der Verletzungshandlung und die Gefährlichkeit der begangenen und möglichen künftigen Verletzungshandlungen für den Verletzten.
  4. Das Verhalten des Schuldners in der Vergangenheit stellt ein maßgebliches, wenn auch nicht zwingend das alleinige Indiz für die Höhe des zu verhängenden Zwangsgeldes dar. Je häufiger und intensiver der Schuldner gegen das ihm auferlegte Unterlassungsgebot verstoßen hat, desto klarer hat er seinen Unwillen zum Ausdruck gebracht, sich der Unterlassungsanordnung zu beugen. Dem hat die Bemessung des Zwangsgeldes Rechnung zu tragen: Hat der Schuldner in der Vergangenheit bereits mehrfach gegen die Unterlassungsanordnung verstoßen, erhöht sich der notwendige Druck, um ihn zukünftig zu einem anordnungsgemäßen Verhalten zu zwingen. Entsprechend höher muss daher das betreffende Zwangsgeld ausfallen. Hat sich der Schuldner demgegenüber ernsthaft darum bemüht, der Unterlassungsanordnung Folge zu leisten, ist dies zu seinen Gunsten zu berücksichtigen.
  5. Der Begriff des Angebots im Sinne von Art. 25 (a) EPGÜ ist im Patentrecht rein wirtschaftlich zu verstehen. Er umfasst bei einem Erzeugnis jede im Geltungsbereich des in Rede stehenden Europäischen Patents begangene Handlung, die nach ihrem objektiven Erklärungswert den Gegenstand der Nachfrage in äußerlich wahrnehmbarer Weise zum Erwerb der Verfügungsgewalt bereitstellt. Daher ist das Ausstellen von Waren auf einer im Geltungsbereich des jeweiligen Patents stattfindenden Messe ein Anbieten im Sinne dieser Vorschrift.
  6. Für ein Anbieten müssen nicht alle Merkmale des Patentanspruchs in der Werbung und damit auch auf einem Messestand gezeigt sein, wenn bei objektiver Betrachtung der im Streitfall tatsächlich gegebenen Umstände davon ausgegangen werden muss, dass das dargestellte Erzeugnis in seiner technischen Gestaltung dem Gegenstand des Patents entspricht. Es kommt darauf an, ob die patentgemäße Gestaltung aus dem Vorliegen von sonstigen objektiven Umständen zuverlässig geschlossen werden kann. Ein wesentlicher Gesichtspunkt ist hierbei die Sicht der angesprochenen Verkehrskreise über den unter Berücksichtigung aller tatsächlichen Umstände des Einzelfalls zu ermittelnden objektiven Erklärungswert der Werbung.

Einheitliches Patentgericht (EPG), Lokalkammer Düsseldorf, Anordnung vom 18.10.2023 – UPC_CFI_177/2023

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Kommentar C&F:

Die UPC-Lokalkammer Düsseldorf hat am 18. Oktober 2023 ein Zwangsgeld in Höhe von EUR 26.500 wegen des Verstosses gegen eine vorher gegen die selbe Partei erlassenen Unterlassungsverfügung erlassen. Die Unterlassungsverfügung gegen das Anbieten des E-Bike war zuvor anläßlich einer Ausstellung des E-Bikes auf einer Messe ergangen. Der Verstoss erfolgte nun durch das erneute Anbieten des E-Bikes im Rahmen eines verkaufsoffenen Sonntags.

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Unser Kommentar zum vorstehenden Urteil dient dem Zweck einer einfachen Zugänglichmachung. Vereinfachungen und Unvollständigkeiten sind diesem Zweck geschuldet. Zum vollständigen Verständnis wird auf die deutsche Originalfassung der Urteilsveröffentlichung verwiesen.