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Fumarsäureester (OLG Düsseldorf)

OLG Düsseldorf, Urteil vom 23.2.2023 – 2 U 116/22

Normenketten:

ZPO § 935, § 940

EPÜ Art. 64 Abs. 1, Abs. 3

PatG § 139 Abs. 1

Amtliche Leitsätze:

  1. Die unter Drittbeteiligung zustande gekommene Erteilung des Verfügungspatents rechtfertigt auch in einem Generikafall keine Unterlassungsverfügung, wenn ihr die Widerrufsentscheidung der übergeordneten Einspruchsabteilung zum inhaltsgleichen Stammpatent entgegensteht.
  2. Offenbart eine vorbekannte Dosisfindungsstudie (hier: zur Behandlung von Multipler Sklerose) neben zwei unwirksamen Wirkstoffdosen (hier: 120 mg/Tag, 360 mg/Tag) eine therapeutisch wirksame Dosis (hier: 720 mg/Tag), die mit vergleichsweise geringen Nebenwirkungen verbunden ist, so hat der Fachmann selbst dann Anlass, eine in der Studie noch nicht untersuchte geringere Wirkstoffdosis (480 mg/Tag) zu testen, wenn die Studie keine Anhaltspunkte dafür ergeben hat, dass zwischen der Wirkstoffmenge und den Nebenwirkungen ein Zusammenhang besteht, der erwarten lässt, dass mit einer geringeren Wirkstoffmenge ein geringeres Maß an Nebenwirkungen verbunden ist.
  3. Der Anlass ergibt sich daraus, dass die Studie mehrere mögliche Dosierungsschritte (hier: 480 mg/Tag und 600 mg/Tag) zwischen der unwirksamen Dosierung (hier: 360 mg/Tag) und der nachgewiesen wirksamen Dosierung (hier: 720 mg/Tag) übersprungen hat, und es einen wirklichen Glücksgriff darstellen würde, wenn mit der – unter Auslassung mehrerer möglicher geringerer Dosen – getesteten Wirkstoffdosis (hier: 720 mg/Tag) zufälligerweise die erste und niedrigste therapeutisch wirksame Dosis gefunden worden wäre.
  4. Aus fachmännischer Sicht war mit der Studie die Wirksamkeitsgrenze noch nicht ermittelt. Ihr nachzugehen und die Wirksamkeitsgrenze um ihrer selbst willen aufzuklären, mag unter wirtschaftlichen Erwägungen unvernünftig gewesen sein. Erfinderisch wird das Vorhaben dadurch aber noch nicht, weil nach dem Ergebnis der Studie nicht nur die verbliebene Wissenslücke klar zutage lag, sondern ebenso offensichtlich war, was zu tun ist, um sie zu schließen.

OLG Düsseldorf, Urteil vom 23.2.2023 – 2 U 116/22

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