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Dekodierungsverfahren (LG Düsseldorf)

LG Düsseldorf, Urteil vom 12.12.2018 – 4b O 4/17

Normenketten:

EPÜ Art. 64 I, III

PatG §§ 9 S. 2 Nr. 1, 10 I, 139 I, II 1, 140 a I, III, 140 b

Redaktionelle Leitsätze:

1. Hat der aus einem SEP vorgehende Kläger eine marktbeherrschende Stellung inne, trifft ihn keine Pflicht zur Verletzungsanzeige, wenn aufgrund der Umstände mit Sicherheit davon auszugehen ist, dass der angebliche Verletzer Kenntnis von der Benutzung des Klagepatents hat und sein Einwand, der Kläger habe ihm dies nicht angezeigt, als Rechtsmissbrauch erscheint. Im Übrigen ist der Anzeigepflicht jedenfalls dann genüge getan, wenn Hinweise an den Mutterkonzern des angeblichen Verletzers erfolgen (Anschluss an OLG Düsseldorf GRUR 2017, 1219 [1224] - Mobiles Kommunikationssystem). Von der gleichen Sachlage muss ausgegangen werden, wenn eine Tochtergesellschaft bzw. dort ein bestimmter Mitarbeiter in jahrelangen Lizenzverhandlungen eine führende Rolle eingenommen und in erster Linie mit den entsprechenden Ansprechpartnern auf Klägerseite verhandelt hat.

2. Inhaltlich erfordert die Hinweispflicht keine detaillierten (technischen und/oder rechtlichen) Erläuterungen des Verletzungsvorwurfs. Es genügt, wenn der andere Teil in die Lage versetzt wird, sich selbst ein Bild von der Berechtigung des ihm unterbreiteten Vorwurfs machen zu können (Anschluss an OLG Düsseldorf GRUR 2017, 1219 - Mobiles Kommunikationssystem).

3. Der SEP-Inhaber hat die wesentlichen Gründe zu erläutern, aufgrund derer er die von ihm vorgeschlagenen Vergütungsparameter für FRAND hält. Hat er zuvor bereits Lizenzen an Dritte vergeben, ist durch ihn insbesondere zu begründen, warum die von ihm vorgesehene Lizenzvergütung gerade vor diesem Hintergrund FRAND ist (Anschluss an OLG Düsseldorf GRUR 2017, 1219 [1227] - Mobiles Kommunikationssystem). Bei einer ausreichenden Anzahl von Lizenzverträgen und einer so nachgewiesenen Akzeptanz am Markt (beispielsweise über den Marktanteil der zu einer bestimmten Gebührenhöhe lizenzierten Produkte) sind im Regelfall keine weiteren Angaben zur Angemessenheit der Lizenzgebührenhöhe mehr erforderlich (Anschluss an LG Düsseldorf Urt. v. 13.07.2017 – 4a O 154/15, BeckRS 2017, 132078; LG Düsseldorf Urt. v. 11.07.2018 – 4c O 77/17, BeckRS 2018, 25099).

4. Ein Angebot des Lizenzgebers kann sich insbesondere dann als unfair bzw. unangemessen erweisen, wenn die verlangte Lizenzgebühr den hypothetischen Preis, der sich bei wirksamem Wettbewerb auf dem beherrschten Markt gebildet hätte, erheblich überschreitet, es sei denn, es gibt eine wirtschaftliche Rechtfertigung für die Preisbildung (Anschluss an LG Düsseldorf Teilurt. v. 31.03.2016 – 4a O 73/14, Rn. 225, GRUR-RS 2016, 08353 – Ausländersicherheit; LG Düsseldorf Urt. v. 9.11.2018 – 4a O 17/17, BeckRS 2018, 35570). Eine streng mathematische Herleitung ist nicht erforderlich. Es reicht, die Akzeptanz der verlangten Lizenzsätze am Markt über bereits abgeschlossene Lizenzverträge darzulegen. Auf diese Weise lässt sich die FRAND-Gemäßheit einfacher belegen und sicherer feststellen als über den Vortrag der einzelnen Faktoren, die in Lizenzvertragsverhandlungen jeweils eine näher zu bestimmende, mehr oder weniger gewichtige Rolle spielen können oder sollen (vgl. LG Düsseldorf Urt. v. 13.7.2017 – 4a O 154/15, GRUR-RS 2017, 132078 – Mobilstation).

LG Düsseldorf, Urteil vom 12.12.2018 – 4b O 4/17

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