Mehrere Kühe grasen auf einer grünen Wiese an einem sonnigen Tag.
  • Dr. Reinhard Fischer

Die Butter vom Brot ...

Auch ohne Marken- oder Designschutz kann bei Verpackungen der sogenannte wettbewerbsrechtliche Nachahmungsschutz greifen. Was das für Hersteller bedeutet, zeigt ein Beispiel aus der Praxis.

Als Konsumenten werden wir fast täglich – ob im Supermarkt oder beim Online-Shopping – mit einem Überangebot an Produkten konfrontiert. Das Aushängeschild all dieser Produkte und damit eines ihrer wichtigsten Marketinginstrumente ist in der Regel ihre Verpackung. Dass es hier gerade in einer hart umkämpften Branche wie der Konsumgüterindustrie zu Streitereien zwischen Anbietern kommen kann, liegt auf der Hand. Der Marken- und Designschutz von Verpackungen wurde in dieser Serie schon häufiger thematisiert. Darüber hinaus spielt der wettbewerbsrechtliche Nachahmungsschutz durch § 4 Nr. 3 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) in der Praxis eine große Rolle. Er soll – vereinfacht gesagt – verhindern, dass Unternehmen den Markterfolg eines Wettbewerberprodukts unlauter ausnutzen. Zum Beispiel, indem sie ihre Verpackung allzu stark an das Original anlehnen und damit Verwechslungen hervorrufen oder von dem guten Ruf des Originals profitieren. Ein Beispiel aus der Rechtsprechung: Da hatte ein Unternehmen, das Butter und Mischstreichfette unter der bekannten Marke Kerrygold anbietet, gegen einen Hersteller geklagt, der ebenfalls Produkte dieser Kategorie unter der Marke Dairygold vertreibt. Die Klägerin beanstandete die ähnlich gestalteten Verpackungen als wettbewerbswidrige Nachahmungen. Ähnlich wie die Verpackung von Kerrygold ist auch die von Dairygold in einem goldenen oder – in der gesalzenen Variante – in einem silbernen Grundton gehalten. Weitere gemeinsame Merkmale sind die abgebildeten grasenden Kühe auf irischer Weidelandschaft sowie ein goldenes Siegel rechts unten auf dem Deckel. Die Packungen von Dairygold sind noch dazu mit dem Zusatz From County Kerry versehen. Das Landgericht Köln gab der Klage in erster Instanz statt. Das Oberlandesgericht Köln (OLG) schloss sich der Beurteilung an. Die Beklagte ging schließlich vor dem Bundesgerichtshof (BGH) in Revision. In ihrem Urteil (vom 26. Januar 2023 – I ZR 15/22) bestätigten die Karlsruher Richter zunächst, dass Verpackungen von Produkten Gegenstand des lauterkeitsrechtlichen* Nachahmungsschutzes sein können. Ebenso wie die Vorinstanzen waren sie der Ansicht, dass es sich bei den Verpackungen der Beklagten um eine nachschaffende Nachahmung** handelt. Zwar hätte das Motiv aus Weidelandschaft und Kühen auch produktbeschreibenden Charakter – das heißt, die Klägerin konnte aus diesem Grund keine exklusive Verwendung des Motivs beanspruchen. Die konkrete Gestaltung der Originalverpackung der Klägerin sei aber so eigenartig, dass Verbraucher sie mit einer bestimmten Herkunft in Verbindung bringen würden. Dies werde noch dadurch verstärkt, dass das Produkt bekannt sei. Der BGH war der Ansicht, dass die Beklagte wesentliche Gestaltungsmerkmale der Originalverpackung übernommen habe. Blieb noch die Frage, ob Verbraucher auch über die Herkunft des Produkts getäuscht werden. Problematisch war hier die Produktbezeichnung (Dairygold statt Kerrygold): Laut dem OLG Köln könnten Verbraucher hierdurch auf eine neue Serie schließen oder auf ein unter einer Zweitmarke vertriebenes Produkt des Originalherstellers. Der BGH sah hierfür allerdings keine ausreichenden Anhaltspunkte festgestellt und verwies die Sache vorerst zurück an das OLG Köln, das die unlautere Nachahmung aber inzwischen bestätigt hat. Der beschriebene Fall macht deutlich: Für Verpackungen kann der Nachahmungsschutz nach UWG gelten, auch wenn kein Marken- und Designschutz besteht. Die zu große Annäherung an die Verpackung eines Wettbewerbers kann daher dennoch rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Dies kann selbst bei unterscheidbaren Marken der Fall sein. Wer sich bei der Gestaltung an eine bereits vorhandene Verpackung anlehnt, sollte daher genau prüfen, ob er nicht auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann. 
* Nach Wikipedia bildet das Lauterkeitsrecht zusammen mit dem Kartellrecht das Wettbewerbsrecht im weiteren Sinne. 
** Eine nachschaffende Übernahme liegt vor, wenn die Nachahmung wiedererkennbare wesentliche Elemente des Originals aufweist und sich nicht deutlich davon absetzt.

Erschienen in Ausgabe 3/2025 der Zeitschrift creativ verpacken.

Picture credits: Thierry RYO_AdobeStock.com