Wie_ein_Ei_dem_anderen.jpg
  • Dr. Reinhard Fischer

Wie ein Ei dem anderen

Manche gute Idee kann einer anderen aus rechtlichen Gründen zu ähnlich sein: Über Verwechslungsgefahren bei der Markenbildung

Wenn der „Atlas“ zum „Salat“ oder die „Lampe“ zur „Palme“ wird, haben wir es mit beliebten Anagrammen zu tun: Aus einem Wort entsteht durch Umstellung von Buchstaben ein neues. Was aus linguistischer Sicht recht unterhaltsam ist, kann markenrechtlich zum Problem werden. So wollte sich ein Fitness- und Wellnesspark 2008 den Namen „Vinea“ geben und meldete ihn als Marke an. Der Konzern Beiersdorf jedoch sah darin sein Markenrecht für „Nivea“ beeinträchtigt. Nach einem mehrjährigen Rechtsstreit gab das Bundespatentgericht dem Kosmetikriesen recht und begründete dies mit einer Verwechslungsgefahr in klanglicher Hinsicht. Denn die Richter sahen außerdem eine Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen. So sei „davon auszugehen, dass zwischen den auf Seiten der Widerspruchsmarke registrierten Waren ‚Mittel zur Körper- und Schönheitspflege‘ sowie ‚Präparate für die Gesundheitspflege‘ und den Dienstleistungen ‚Gesundheits- und Schönheitspflege für Menschen und Tiere, insbesondere Wellnessprogramme, Gesundheitsberatung, Ernährungsberatung‘ der jüngeren Marke (…) enge Waren-/Dienstleistungsähnlichkeit besteht“ (BPatG Beschl. v. 6.6.2013 – 30 W (pat) 550/11).

Das Beispiel zeigt: Kreativität bei der Markenfindung kennt ihre Grenzen – und zwar dort, wo es um die Gefahr von Verwechslungen mit älteren Marken geht. Das Markenrecht gewährleistet Markeninhabern entsprechenden Schutz, indem sie verhindern können, dass Dritte identische oder ähnliche Zeichen für identische oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen eintragen lassen oder benutzen. Inhaber von bekannten Marken schützt das Gesetz zudem gegen die Ausnutzung des guten Rufs oder der Wertschätzung für die entsprechende Marke, selbst wenn wegen Unähnlichkeit der Waren / Dienstleistungen keine Gefahr von Verwechslungen besteht (dieses Kriterium war jedoch bei Nivea vs. Vinea nicht ausschlaggebend).

Was also ist zu tun, um bei der Markenfindung sicherzustellen, dass keine älteren Rechte verletzt werden? Die simple Antwort lautet: sorgfältig recherchieren. Das ist jedoch leichter gesagt als getan. So lassen sich zwar identische Marken über Datenbanken (z. B. beim DPMA oder beim EUIPO) herausfiltern. Bei Marken hingegen, die etwa nur eine phonetische Ähnlichkeit aufweisen, wird die Sache schon knifflig. Wonach soll man suchen? Professionelle Dienstleister haben sich darauf spezialisiert. Sie nutzen Algorithmen, um verschiedene Varianten eines Markennamens in die Recherche mit einzubeziehen. Erst recht bei umfangreichen Produktinvestitionen sollte man diesen Service in Erwägung ziehen. Es empfiehlt sich außerdem, die gewünschte Marke möglichst früh anzumelden und das amtliche Anmeldeverfahren rechtzeitig abzuschließen – also noch bevor in das Produkt, in die Verpackung etc. investiert wird. Nutzen Inhaber älterer Marken zu diesem Zeitpunkt die Möglichkeit eines Widerspruchs nicht, stehen die Chancen nämlich deutlich besser, dass sie bereit sind die Marke zu dulden.

Erschienen in Ausgabe 3/2023 der Zeitschrift creativ verpacken.

Header: Юля Шевцова_AdobeStock.com