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  • Felipe von Heereman

Wenn die Hüllen fallen

Feste Shampoos entsprechen in vielerlei Hinsicht dem Trend hin zu mehr Nachhaltigkeit im Kosmetikbereich. Aber können sie auch als Design herhalten und entsprechend geschützt werden?

Unter der Dusche kommen einem bekanntlich die besten Einfälle. So erklärt sich vielleicht auch, wie es zu der Idee für die festen Shampoos kam, die derzeit im Trend sind. Wer täglich, umgeben von bunten Plastikflaschen, Tiegeln und Tuben, seine Körperpflege betreibt, muss schließlich eines Tages zu dem Schluss kommen: Hier könnte man etwas verbessern. Und zwar nachhaltig – im Sinne unserer Umwelt und damit auch in unserem Sinne. Das Bewusstsein dafür, dass Industrie und Verbraucher dringend an ihrer Ökobilanz arbeiten müssen, ist offenbar vorhanden: Laut einer im April 2020 veröffentlichten Studie des VKE-Kosmetikverbands sehen 74 Prozent der befragten Kosmetikverwenderinnen und -verwender Handlungsbedarf in Sachen Nachhaltigkeit und wünschen sich mehr Aktivitäten seitens der Branche. Die größten Herausforderungen werden in Tierversuchen (65 %) und umweltgefährdenden Inhaltsstoffen (63 %), aber eben auch in zu viel Umverpackungen (61 %) gesehen.

So ein Stück Shampoo kommt da also gerade recht. Ökologische Vorteile, die etwa auch das Verbrauchermagazin Ökotest in seiner Juni-Ausgabe 2021, hervorhebt, liegen neben dem entscheidenden „Zero-Waste“-Effekt, also dem Wegfall der Verpackung, auch in den Inhaltsstoffen. So fanden die Tester in keinem der geprüften Haarseifen und festen Shampoos Silikone oder umweltschädliche synthetische Polymere. Auch Parabene, die oft als Konservierungsstoff eingesetzt werden und in Verdacht geraten sind, wie ein Hormon zu wirken, wurden nicht entdeckt. Ebenso wenig PEG/PEG-Derivate, die oft auf Basis von umweltschädlichem Erdöl hergestellt und ab einer bestimmten Molekülmasse schwer abbaubar sind, wenn sie über den Abfluss in Gewässer gelangen.

Das zeigt: Feste Shampoos erfüllen viele Kriterien für nachhaltiges, umweltbewusstes Konsumieren. Was aber ihre Vermarktung angeht, gibt es für Hersteller besondere Herausforderungen. Denn wenn die Verpackung wegfällt, können Informationen über das Produkt selbst sowie über dessen Hersteller nur auf andere Weise kommuniziert werden. Hierzu bieten sich insbesondere designspezifische Merkmale (z. B. die Form oder die Farbe) des festen Shampoos selbst an. Dabei gilt es Folgendes zu berücksichtigen: Damit ein Design dem Designschutz zugänglich ist, muss es unter anderem neu sein und „Eigenart“ aufweisen. Das heißt, das Design muss sich in seinem Gesamteindruck von der Masse anderer, schon bestehender Designs unterscheiden. Da der Grad der Gestaltungsfreiheit aber für feste Shampoos eingeschränkt ist – ein Stück ist ein Stück, ein Klotz ist ein Klotz, ein Riegel ist ein Riegel –, wird diese beschränkte Gestaltungsfreiheit auch bei der Prüfung der benötigten Eigenart berücksichtigt.

Wer es demnach schafft, ein unverwechselbares Design zu entwickeln, punktet gleich mehrfach: Er hat ein ästhetisch ansprechendes und gleichzeitig ökologisch sinnvolles Produkt geschaffen. Und noch dazu eines, das sich sicherlich auch in Zukunft noch gut verkauft. Denn: Unseren Planeten zu einem Ort zu machen, an dem auch nachfolgende Generationen gut leben können, ist eine langwierige Aufgabe. Eine, die sich leider nicht in einem Duschgang erledigen lässt.

Erschienen in  Ausgabe 8/2021 der Zeitschrift creativ verpacken.

Headerbild:  misskaterina - AdobeStock.com