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  • Dr. Peter Reckenthäler

Wenn die Behörde behilflich wird

Auch im Kosmetikbereich sind Piraten aktiv. Ein Gegenmittel ist die Grenzbeschlagnahme. Mit ihr können sich Inhaber von Schutzrechten vor den wirtschaftlichen Folgen von Produktfälschungen schützen.

Es ist ein Grundprinzip der freien Marktwirtschaft: Die Nachfrage bestimmt das Angebot. Leider gilt das auch für den Markt an Produktfälschungen. Die Corona-Pandemie hat dies auf deutliche Weise gezeigt. Masken, Schnelltests und Desinfektionsmittel, die nicht sofort in ausreichender Menge hergestellt werden konnten, waren und sind noch immer ein beliebtes Betätigungsfeld für Fälscher. Die Pandemie habe einen neuen, gewaltigen Markt geschaffen, wird Paul Maier, der Direktor der Europäischen Beobachtungsstelle für Verletzungen von Rechten des geistigen Eigentums, im Juni 2021 in einem ARD-Beitrag zitiert.

Zu den häufigsten Fälschungen zählen nach ARD-Recherchen Artikel aus den Bereichen Elektronik, Kleidung, Spielzeug und Kosmetik. Bei knapp sieben Prozent aller Einfuhren in die EU im Jahr 2021 handelte es sich um Plagiate – Waren im Wert von mehr als 120 Milliarden Euro. Auch andere Begleitumstände der Pandemie tragen zu dieser Entwicklung bei: Wo Kontaktbeschränkungen und Lockdowns gelten, wird häufig online geshoppt. Das kommt Produktpiraten ebenfalls zugute, da gefälschte Produkte im Internet nicht so leicht als solche zu erkennen sind.

Gerade Kosmetikprodukte sind anfällig für Produktpiraterie. Denn die Herstellung von Mascara, After Shave und Co. wird immer komplexer und ist mit viel Forschungs- und Entwicklungsaufwand verbunden. Die Folge: hohe Kosten für Hersteller und Verbraucher. Das macht die Sache für Nachahmer und Fälscher attraktiv. Aber auch schlichtweg ein bekannter Markenname, der mit Qualität und Luxus assoziiert wird, kann Anlass für Fälschungen sein.

Eine Maßnahme, um gegen gefälschte Waren vorzugehen, ist die Grenzbeschlagnahme, die EU-weit möglich ist. Ein Blick in die Statistik des Zolls zeigt die hohe Menge der aufgegriffenen Waren im Bereich Körperpflegeprodukte in den Jahren 2018 mit 290.839, 2019 mit 133.847 und 2020 mit 178.740 Produkten.

Was aber können Hersteller tun, wenn sie befürchten, dass Fälschungen ihrer Produkte in den EU-Handel gelangen? Eine Grundvoraussetzung sind Schutzrechte, also insbesondere Marken, Designs, Patente oder Gebrauchsmuster. Inhaber solcher Rechte können im Datenbanksystem „ZGR-online“ der deutschen Zollverwaltung einen Antrag stellen, dass die Behörden tätig werden. Hierbei sollten sie dokumentieren, wer durch welche Handlung die eigenen Schutzrechte möglicherweise verletzt hat. Der Antrag ist ein Jahr gültig und kann beliebig oft verlängert werden. Ermitteln die Zollbehörden dann entsprechende Waren, die im Verdacht stehen, ein Recht geistigen Eigentums zu verletzen, setzen sie die Überlassung der Waren zum Verkehr aus (wenn für diese die Zollanmeldung angenommen wurde) oder halten diese (in sonstigen Fällen) zurück. Nach Benachrichtigung des Rechtsinhabers und des Warenbesitzers können die ausgesetzten oder zurückgehaltenen Waren innerhalb von zehn Tagen bei Zustimmung durch den Rechtsinhaber vernichtet werden, wenn der Warenbesitzer nicht innerhalb von zehn Tagen der Vernichtung  widerspricht. Im Fall des Widerspruchs muss der Rechtsinhaber ein zivilgerichtliches Verfahren anstrengen. Bis zu dessen Abschluss bleiben die Waren beim Zoll. Wird nicht innerhalb von zehn Tagen ein solches Gerichtsverfahren eingeleitet, werden die Waren wieder freigegeben.

Zugegeben: ein recht bürokratisches Prozedere. Schutzrechtsinhaber, die sich darauf einlassen, haben jedoch gute Chancen, sich vor Produktpiraterie und den möglichen wirtschaftlichen Schäden zu schützen.

Erschienen in  Ausgabe 3/2022 der Zeitschrift creativ verpacken.

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