Weitere_Verfassungsbeschwerden_gegen_Einheitliches_Patentgericht.jpg
  • Gottfried Schüll

Weitere Verfassungsbeschwerden gegen Einheitliches Patentgericht

C&F: „Stillstand im Ratifizierungsverfahren nur wenig überraschend“

Düsseldorf, 18. Januar 2021 – Zum wiederholten Mal haben Verfassungsbeschwerden die Umsetzung des Einheitlichen Patentgerichts (EPG) blockiert. Vor dem Jahreswechsel gingen beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in Karlsruhe erneut zwei Verfassungsbeschwerden ein (Az. 2 BvR 2216/20 u. a.). Daraufhin hat das BVerfG Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier gebeten, mit der Ausfertigung des notwendigen Gesetzes zu warten, bis über einen Eilantrag entschieden ist. Der Zeitpunkt der Entscheidung ist noch offen.

Einer der Kläger hatte bereits im März 2017 eine Verfassungsbeschwerde eingereicht. Schon damals hatte das BVerfG den Bundespräsidenten um Aufschub gebeten. Im Februar 2020 hatte das BVerfG nach der ersten Verfassungsbeschwerde das Gesetz zum Übereinkommen über ein Einheitliches Patentgericht (EPGÜ) für nichtig erklärt, da bei der Abstimmung im Bundestag nur etwa 35 der mehr als 600 Abgeordneten anwesend waren. Dadurch war die für das Inkrafttreten entscheidende deutsche Ratifizierung zum Stillstand gebracht worden.

Die aktuelle Entwicklung ist aus Sicht von Cohausz & Florack (C&F) wenig überraschend, da das BVerfG bereits in seiner ersten Entscheidung neben der fehlenden Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag noch andere Gründe angesprochen hatte, die für eine Verfassungswidrigkeit sprechen. „Da der Bundespräsident erneut um Aufschub gebeten wurde, müssen diese Gründe schwerwiegend sein“, sagt Gottfried Schüll, Patentanwalt und Partner von C&F. Das Bundesjustizministerium hatte wegen der bereits erfolgten Ratifizierungen durch die anderen EPG-Vertragsstaaten Änderungen im deutschen Gesetzgebungsverfahren für nicht möglich gehalten und das Gesetz dem Bundestag identisch vorgelegt, welcher im November 2020 mit der erforderlichen Zwei-Drittel-Mehrheit zugestimmt hat. Nun ist die identische Weiterverfolgung des Gesetzes erneut gestoppt worden. „Es steht zu befürchten, dass das Thema nun von allen Mitgliedsstaaten wieder neu aufgerollt werden muss“, so Schüll.

Das Übereinkommen sieht ein einheitliches Patentgericht für mehrere EU-Mitgliedstaaten vor, das sich eigenständig mit Streitigkeiten über europäische Patente und europäische Patente mit einheitlicher Wirkung befasst. Das neue System sollte ab 2022 voll funktionsfähig sein. Hauptsitz des EPG wäre Paris. In Deutschland sind Standorte in München, Düsseldorf, Hamburg und Mannheim geplant. Der Gesetzestext geht noch von London als einem weiteren Hauptsitz aus, der aufgrund des Brexit jedoch hinfällig ist.

 

Picture credits: H_Ko – AdobeStock