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  • Dr. Jochen Kapfenberger

So weit, so grün?

Auch in der Verpackungsbranche finden sich zahlreiche Beispiele für Greenwashing. Unternehmen führen damit nicht nur Verbraucher in die Irre, sondern schaden unter Umständen auch sich selbst.

Es gab Zeiten, da hätten wir mit Begriffen wie Billigfleisch, fairer Handel oder Klimaneutralität nur wenig anzufangen gewusst. Heute sind wir zum Glück ein Stück weiter, ein Stück aufgeklärter. Das zeigt auch eine aktuelle Studie der Otto Group mit dem Titel „Bewusster Leben“. Ethischer Konsum scheint demnach in der Mitte der Gesellschaft angekommen zu sein. So geben 70 Prozent der Befragten an, dass ethische Kriterien zum festen Bestandteil ihrer Kaufentscheidung geworden sind. 63 Prozent sind inzwischen bereit, die Mehrkosten für klimaneutrale Produkte zu tragen. Kein Wunder also, dass viele auch Unternehmen immer stärker als nachhaltig wahrgenommen werden wollen.

Viele verpassen sich dabei allerdings nur einen grünen Anstrich. Ein klassischer Fall von Greenwashing. Dies mag auf den ersten Blick verlockend sein. Wenn Greenwashing aber erst einmal medienwirksam aufgedeckt worden ist, kann der Imageschaden beträchtlich sein.

Greenwashing bei Verpackungen

Gerade bei Verpackungen trügt bisweilen der schöne Schein: So finden sich in Supermarktregalen häufig Verpackungen, die durch ihre bräunliche Papp-Optik als nachhaltiger Karton erscheinen wollen, tatsächlich aber gar keinen Karton enthalten oder aus Verbundstoffen bestehen, die zusätzliche Schichten aus Kunststoffen, Metallen und/oder Lacken aufweisen. Diese und andere Arten von Greenwashing erkennen immer öfter auch die Kunden. Die Folge: Sie fühlen sich nicht ernst genommen und greifen zu augenscheinlich nachhaltiger verpackten Produkten. Dabei können Laien oftmals gar nicht beurteilen, welche Verpackungen umweltfreundlicher sind als andere. So sind Verbundverpackungen nicht zwingend schlecht und Mehrwegverpackungen nicht immer ökologisch. Denn die Ökobilanz einer Verpackung hängt von einer ganzen Reihe von Faktoren ab, die für den Kunden meist im Verborgenen bleiben. Daher empfiehlt es sich, möglichst objektiv auf die ökologischen Aspekte der Verpackungen hinzuweisen.

Vermeintlich „grüne“ Werbeaussagen

Auch bei Hinweisen auf die ökologischen Vorzüge der Verpackungen ist einiges zu beachten. Die bloße Angabe einer Wiederverwendbarkeit oder -verwertbarkeit beispielsweise hat kaum Substanz, da gesetzliche Mindeststandards zur Förderung von Umweltschutz und Nachhaltigkeit existieren, die dies ohnehin vorschreiben. Vor diesem Hintergrund erscheint es absurd, wenn etwa ein Spülmittelhersteller auf seinen Plastikflaschen mit den Worten „leicht zu recyceln“ wirbt.

Aber nicht nur, dass mit Selbstverständlichkeiten geworben wird: Oft machen Unternehmen auch – bewusst oder unbewusst – falsche Versprechen, die sich nur zu leicht widerlegen lassen. Bei einer im Januar 2021 veröffentlichten Untersuchung haben die EU-Kommission und nationale Verbraucherschutzbehörden festgestellt, dass bei 42 Prozent der Unternehmen die umweltbezogenen Angaben auf ihren Websites übertrieben, falsch oder irreführend waren. In 37 Prozent der Fälle wurden vage und allgemeine Angaben wie „bewusst“, „umweltfreundlich“ und „nachhaltig“ gemacht, die Verbrauchern suggerieren sollten, dass das betreffende Produkt keine negativen Auswirkungen auf die Umwelt hat. Da es kaum gesetzliche Vorgaben für eine entsprechende Kennzeichnung gibt, gilt es einerseits präzise zu formulieren und andererseits die Verpackung nicht besser zu machen, als sie ist.

Statt zu riskieren, dass ihnen das eigene Greenwashing etwa durch kritische Berichterstattung auf die Füße fällt, sollten Firmen also besser mit gutem Beispiel vorangehen. Etwa indem sie bei Verpackungen den Anteil recycelter Kunststoffe erhöhen oder das Packungsvolumen reduzieren und dies entsprechend kommunizieren. Auch gänzlich neue entwickelte Verpackungen sind denkbar, für die Exklusivrechte wie Patente erworben werden können. Gerade im Bereich Lebensmittel oder Drogerieartikel schlummert wahrscheinlich viel Potenzial für Unternehmen, um das eigene Image auf ehrliche Weise aufzubessern. Getreu dem Motto: „Die anderen machen Greenwashing, wir machen Öko.“

Erschienen in  Ausgabe 7/2021 der Zeitschrift creativ verpacken.

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