Ein skeptisch schauender Modedesigner vor einem Laptop in seinem Atelier, umgeben von Stoffen, Nähmaterialien und Kleiderständern mit farbenfrohen Kleidungsstücken.
  • Tamara Moll & Eva-Maria Mümken

Produkte schützen auf Amazon

Ein Leitfaden für Verkäufer

Verkaufsplattformen gibt es viele. Amazon ist eine davon – aber eine mit einer  enormen Marktmacht. So hat fast jeder Deutsche (96 Prozent), nach Angaben des E-Commerce Magazins, schon einmal auf dem Amazon Marketplace bestellt. 44 Millionen Deutsche sind regelmäßige Kunden und 17 Millionen zahlen für den Prime-Service. Diese Reichweite macht Amazon aber nicht nur für seriöse Verkäufer attraktiv, sondern verleitet andere bisweilen auch dazu, Produkte nachzuahmen und diese ebenfalls zum Verkauf anzubieten. 

Was bedeutet das für Sie als Amazon-Seller? Wie gehen Sie am besten vor, wenn Sie den Verdacht haben, dass jemand Ihr Produkt nachgeahmt hat und womöglich Ihr Design oder Ihre Marke verletzt (siehe I.)? Und was ist zu tun, wenn Ihr Produkt unberechtigterweise durch einen Dritten gesperrt wird (siehe II.)? Ein Leitfaden:

I. Vorgehen bei der Verletzung eigener Schutzrechte durch Dritte

1. Direkter Kontakt: Freundlichkeit zahlt sich aus
Kontaktieren Sie, wenn möglich, zunächst den entsprechenden Seller selbst. Ein freundlicher Austausch kann nicht nur das aktuelle Problem unkompliziert lösen, sondern wirkt auch wechselseitig: Sollte es jemals zu Problemen mit dem gleichen Seller kommen, erhöht sich die Chance, dass auch er Sie direkt kontaktiert. Durch eine klare, aber höfliche Nachricht schaffen Sie Vertrauen und zeigen, dass Sie an einer fairen Lösung interessiert sind. 

2. Wenn kein Dialog möglich ist: Testkauf und Beweissicherung
Sollte der Kontakt mit dem Seller nicht möglich oder erfolglos sein (z. B. bei schwer erreichbaren Anbietern oder solchen mit kryptischen Mailadressen), empfiehlt sich eine Testbestellung (z. B. per Prime, um das Verfahren bei Amazon zeitnah zu starten; mehr dazu: siehe unten). Eine solche Bestellung dient als Beweismittel und kann bei einem späteren Beschwerdeverfahren nützlich sein. Folgende Schritte sind hierbei entscheidend:

  • Dokumentation der Bestellung: Notieren Sie die Bestellnummer und machen Sie Screenshots von den Bildschirmen während des Bestellvorgangs.
  • Erstellen von Unpacking-Fotos oder -Videos: Dokumentieren Sie das Produkt direkt beim Auspacken, um zu belegen, dass das gelieferte Produkt dem Original-Design entspricht.

3. Infringement-Formular bei Amazon einreichen
Falls die freundliche Kontaktaufnahme nicht zum Erfolg führt, steht Ihnen das „Amazon Infringement“-Formular zur Verfügung, das Sie schrittweise durch den Prozess leitet. Alternativ können auch wir als Kanzlei die Einreichung für Sie übernehmen. Laden Sie alle Beweismaterialien – wie Fotos und Videos des Testkaufs – in eine Cloud wie Dropbox und verweisen Sie im Freitextfeld des Formulars darauf. Ein solcher Nachweis erhöht die Chancen, dass das Listing des Mitbewerbers zeitnah gesperrt wird. In manchen Fällen kann das Listing bereits nach wenigen Stunden deaktiviert sein. Für den betreffenden Seller hat dies eine Konsequenz: Wiederholte Verstöße können zur dauerhaften Sperrung seines Accounts führen.

4. Anwalt einschalten/gerichtliche Schritte
Ziehen Sie rechtzeitig juristische Unterstützung hinzu. Ein Anwalt oder eine Anwältin wird Ihnen zunächst dazu raten, den betreffenden Seller abzumahnen. Erst dann sollten Sie ggf. gerichtliche Schritte in Erwägung ziehen. Hierzu gehört unter Umständen auch die Beantragung einer einstweiligen Verfügung. 

5. Proaktive Schutzmaßnahmen für Ihre Designs und Marken
Zum Schutz ihrer Produkte sollten Sie schon vor der Veröffentlichung entsprechende Schutzrechte (z. B. Designs oder Marken) beim zuständigen Amt anmelden. So stellen Sie sicher, dass Sie als rechtmäßiger Inhaber eingetragen sind. Mit einer eingetragenen Marke oder eines eingetragenen Designs haben Sie das alleinige Recht, das Schutzrecht zu nutzen und die Benutzung anderen zu verbieten. Gegenüber Amazon können Sie Ihrer Inhaberschaft nach der Eintragung des Schutzrechts in das Register leicht nachweisen. Beachten Sie bei Designs die Neuheitsschonfrist von 12 Monaten! Hierdurch kann das Design auch rückwirkend geschützt werden, wenn es zuvor von Ihnen veröffentlicht wurde.

II. Vorgehensweisen bei rechtswidrigen Sperrungen eigener Angebote durch Dritte

1. Direkter Kontakt: Freundlichkeit zahlt sich aus
Kontaktieren Sie auch hier, wenn möglich, zunächst den Seller selbst. Bleiben Sie dabei höflich und sachlich. So schaffen Sie in manchen Fällen die Voraussetzungen für eine unkomplizierte, faire Lösung des Problems und können sich weiteren Ärger ersparen. 

2. Einschalten der Amazon Rechtsabteilung
Falls Ihr eigenes Listing unberechtigt gesperrt wird, bleibt Ihnen häufig nichts anderes übrig, als sich an die Amazon-Rechtsabteilung zu wenden. In diesem Fall können Sie sowohl die deutsche als auch die europäische Rechtsabteilung kontaktieren. Manchmal kann auch der direkte Kontakt zum Beschwerdeführer helfen, das Problem ohne gerichtliche Schritte zu lösen. 

3. Anwalt einschalten/gerichtliche Schritte
Wichtig: Falls sich der Fall nicht beruhigt, können Sie eine einstweilige Verfügung beantragen. Diese Methode ist zwar mit Kosten verbunden, kann jedoch bei umsatzstarken Listings ökonomisch sinnvoll sein.

Fazit
Der Schutz Ihrer Produkte auf Amazon ist eine Herausforderung, der Sie durch die passenden Maßnahmen erfolgreich begegnen können. Der direkte Dialog, die sorgfältige Beweissicherung und eine durchdachte Schutzstrategie sind die Grundlage, um unberechtigtes Kopieren effektiv zu bekämpfen und Ihre Produkte wirksam zu schützen.

Picture credits: Krakenimages.com_AdobeStock.com