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  • Tamara Moll

Ohne Grenzen, aber nicht ohne Rechtsprechung

Rechtliche Folgen und Fallstricke beim Markenschutz im Metaverse

Das Metaverse, diese schier endlose virtuelle Parallelwelt, ist erst seit einigen Monaten so richtig im Aufwind – hat aber schon jetzt erheblichen Einfluss auf unsere Wirtschaft. Virtuelle Märkte, wie sie durch NFTs geschaffen werden, können für Unternehmen große Folgen in Bezug auf ihre – physischen wie digitalen – Produkte und deren Markenschutz haben. Und wie prominente aktuelle Verfahren (siehe auch C&F-Blog-Beitrag zum Metaverse, Teil 1) zeigen, ist die Gefahr von Markenverletzungen im virtuellen Raum auch dann gegeben, wenn man selbst keine NFTs anbietet.

Stolpersteine bei der Nizza-Klassifizierung

Wer aber im Bereich NFTs mitmischen möchte, sollte den rechtlichen Stand seines Markenschutzes überdenken und womöglich erweitern. Das betrifft Logos (Bildmarken/Wort-Bildmarken) ebenso wie Zeichen (Wortmarken) oder Firmennamen (Unternehmenskennzeichen). Dabei dürfte es jedoch nicht genügen, einfach eine weitere Warenklasse anzumelden, sondern die betreffende Marke muss neu für das Metaverse interpretiert werden. Gut zu wissen: Das EUIPO hat bereits auf die rasante Entwicklung reagiert und Leitlinien zur Klassifizierung virtueller Waren und NFT erlassen. Die 12. Ausgabe der Nizza-Klassifikation wurde dabei um entsprechende Begriffe ergänzt.

Grundsätzlich gilt es jedoch zu bedenken, dass ein NTF selbst nicht als Marke eingetragen werden kann, da es sich hierbei lediglich um ein „Token“, also ein Zeichen, handelt, das auf einer Blockchain basiert und mit einem Vermögenswert verbunden ist. Die Zeichen, die mit ebendiesem NTF verknüpft sind, lassen sich hingegen sehr wohl als Marke eintragen – vorausgesetzt, die Marke wird für das entsprechende NTF auch verwendet.

Problematisch kann es werden, wenn ein Dritter eine Marke, die nicht für ein NTF eingetragen wurde, im Metaverse nutzt – ein Szenario, mit dem sich aktuell etwa das Luxuslabel Hermès in einem Rechtsstreit auseinandersetzt (siehe C&F-Blog-Beitrag zum Metaverse, Teil 1). In solchen Fällen bleibt zu prüfen, ob tatsächlich eine Markenverletzung im Metaverse vorliegt.

Rechtsverletzungen im virtuellen Raum

Eine weitere wichtige Frage betrifft den Schutzumfang von Marken im Metaverse. Und hier wird die Sache erst recht interessant: So sind Marken territorial begrenzte Schutzrechte – in einer virtuellen Welt jedoch sind sie weltweit „abrufbar“ und aktiv. Da sind Konflikte vorprogrammiert. Selbst wenn ein Unternehmen beispielsweise vor einem deutschen Gericht in einem Schutzrechtsverfahren gewinnt, bleibt offen, wie und ob das Urteil auch in anderen Ländern anerkannt wird. Von großer Bedeutung ist ebenso die Frage, wer bei Rechtsverletzungen in Anspruch genommen werden kann: der Inhaber eines NFTs – der aber womöglich gar nicht auffindbar ist? Oder stattdessen der jeweilige Betreiber des Metaverse? All diese Punkte könnten kurz- oder langfristig Teil der Rechtsprechung werden.

Urheberrechte und Datenschutz

Der Blick auf andere Schutzrechte zeigt ebenfalls, welch neue Herausforderungen die virtuelle Welt mit sich bringt. Beispiel Urheberrecht: Zwar sind NFTs als solche keine geistige Schöpfung, sondern lediglich als computergenerierte Zeichenkette zu verstehen. Jedoch kann das zum NFT gehörende Werk dem Urheberrechtsschutz unterliegen. Hier tut jeder Käufer und jede Käuferin gut daran, sich zu informieren, welche Rechte er oder sie im Einzelnen erwirbt, ob Nutzungsbeschränkungen bestehen oder Lizenzen notwendig sind. So gehen bei der Transaktion eines NTFs in der Regel bestimmte Nutzungsrechte an dem Referenzobjekt auf den Käufer oder die Käuferin über. Hier lohnt sich der Blick aufs Detail – insbesondere auf die Nutzungs- bzw. Lizenzbedingungen, in denen sämtliche Rechte, Beschränkungen und auch Vergütungsregeln festgehalten sein sollten. 

In puncto Datenschutz tun sich ebenfalls neue Themen auf. Wer ein Metaverse „betritt“, sollte beispielsweise auch hier darüber informiert werden, welche seiner personenbezogenen Daten auf welche Weise verarbeitet werden. Da hier in Zukunft womöglich ein gewaltiger Umsatz gemacht wird – der Finanzdienst Bloomberg Intelligence rechnet schon 2024 mit einem Geschäft von rund 800 Milliarden US-Dollar –, gewinnt auch der Schutz sensibler Zahlungsdaten immer mehr an Bedeutung. Rechtsgültige Verträge, Urkunden, Zeugnisse – all das könnte in Zukunft auf Blockchains gespeichert und genutzt werden. Ebenso geeignet sind Reisepässe, Krankenakten oder Impfnachweise. San Marino macht es vor: Der Kleinstaat in Mittelitalien hat bereits im Juli 2021 einen NTF-basierten COVID-Impfpass eingeführt, der auf einer öffentlichen Blockchain registriert wird. Die Technologie verspricht mehr Sicherheit bei der Überprüfung der Echtheit des Zertifikats.

Welche weiteren, insbesondere rechtlichen Herausforderungen auf Unternehmen und Verbraucher zukommen? Hätte das Metaverse Sterne, dann stünde es dort. So aber bleibt Juristen nur die Möglichkeit, die rasanten Entwicklungen aufmerksam zu beobachten und, wenn möglich, mitzugestalten.

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