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  • Andreas Thielmann

Können Farben geschützt werden?

Marken machen Produkte unterscheidbar und Unternehmen stark. Wer aber eine spezielle Farbe als Marke anmeldet, kann mit Klagen rechnen.

Ob Quietschgelb oder Grasgrün – Unternehmen können die bloße Farbe ihrer Produkte oder Verpackungen in der Regel nicht als Marke anmelden. Dafür ist die Unterscheidungskraft von Farben oder Farbkombinationen – im Unterschied zu Namen und Zeichen  – nicht groß genug. Für Verbraucher sind sie im Normalfall ein Gestaltungselement und kein Produktkennzeichen. Es gibt aber Ausnahmen: Wer nach-weisen kann, dass sich die Farbe seines Produktes auf dem Markt durchgesetzt hat („Verkehrsdurchsetzung“), hat Chancen auf Markenschutz. Hierzu muss ein großer Teil der angesprochenen Konsumenten die Farbe dem jeweiligen Unternehmen zuordnen: mindestens 50 Prozent – so verlangt es im Allgemeinen der  Bundesgerichtshof (BGH).

Geschütztes Nivea-Blau

Wie bunt es im Streit um Farben trotzdem zugehen kann, zeigen ein paar Fälle aus der Rechtsprechung. Zum Beispiel das Verfahren um Pantone 280 C: Der Kosmetikkonzern Beiersdorf verwendet das satte Dunkelblau seit etwa hundert Jahren für die Verpackung seiner Nivea-Produkte. Ende 2007 hatte er es sich als Farbmarke für Haut- und Körperpflegeprodukte schützen lassen. Kurze Zeit später stellte der Mitbewerber Unilever die Schutzfähigkeit infrage. Dem Löschungsantrag stimmte das Bundespatentgericht (BPatG) zu. Beiersdorf hatte 2006 bei der Anmeldung der Farbmarke eine Befragung durchgeführt: Hierbei hatten 58 Prozent der Befragten das Dunkelblau mit Nivea in Verbindung gebracht. Das BPatG sah aber erst einen Wert von 75 Prozent als ausreichend an und begründete das unter anderem damit, dass Beiersdorf die Farbe „nur rein dekorativ“ als Verpackungshintergrund nutze. Beiersdorf sieht in seinem Blau jedoch eine „Hausfarbe“. Die vom BPatG geforderten 75 Prozent hielt der BGH für zu hoch: Für ihn war und ist hier die 50-Prozent-Schwelle maßgeblich. Im Juli 2015 haben die Karlsruher Richter die Entscheidung aufgehoben und an das BPatG zurückverwiesen, da die vorgelegte Befragung aus ihrer Sicht nicht verlässlich ist. Das Nivea-Blau bleibt also vorerst als Farbmarke geschützt.

70-Prozent-Hürde überwinden

Ein ähnliches Tauziehen gab es jahrelang auch zwischen den Sparkassen und der Santander-Bank um die Farbe Rot. Die Sparkassen nutzen ihr Rot seit den 1970er Jahren als Geschäftsfarbe und haben sie sich 2007 schützen lassen. Die Santander-Bank, die seit den 1980er Jahren einen ähnlichen Rotton verwendet, hatte beim BPatG die Löschung der Sparkassen-Marke beantragt – mit Erfolg. Das BPatG hob im Juni 2015 den Markenschutz auf. Es forderte ähnlich wie bei Nivea, dass vergleichsweise viele Konsumenten – hier mindestens 70 Prozent – die Farbe mit dem Unternehmen verbinden müssten. Die Sparkassen hatten Revision angekündigt.

Ein anderes Ergebnis brachte der Streit zwischen dem Langenscheidt-Verlag und dem amerikanischen Konkurrenten Rosetta Stone: Hier ging es um die Verwendung der Farbmarke Gelb für die Langenscheidt-Wörterbücher. Der BGH kam im September 2014 zu dem Schluss, dass Langenscheidt seine Farbmarke weiterhin nut-zen darf, da sie als Produktkennzeichen aufgefasst und damit markenmäßig benutzt werde.

Über all diese Entscheidungen wacht allerdings noch der Europäische Gerichtshof (EuGH), der als letzte Instanz schon so manche BGH-Entscheidung revidiert hat. 

Farbmarken können die Marktposition stärken

So viel ist sicher: Farben allein sind eher schlecht geeignet, um ein Produkt ausreichend zu kennzeichnen und unterscheidbar zu machen. Die genannten Beispiele zeigen aber, dass es auch Ausnahmen gibt und dass sich die Anmeldung einer Farbmarke lohnen kann, wenn Unternehmen die Verkehrsdurchsetzung der Farbe erfolgreich nachgewiesen haben. So kann eine Farbmarke entscheidend dazu bei-tragen, die eigene Marktposition zu stärken. Schließlich sind das Langenscheidt-Gelb ebenso wie das Telekom-Magenta oder das Milka-Lila bekannt wie der sprich-wörtliche bunte Hund.
 

Erschienen in Ausgabe 8/2015 der Zeitschrift creativ verpacken.
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