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  • Reinhard Fischer

DSGVO und Onlinehandel: Schwierig zu vereinbaren - aber nicht immer

Die neue Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) schränkt werbetreibende Unternehmen in vielen Bereichen ein. Eine Ausnahme: Bestandskunden. Bei ihnen ist unter bestimmten Voraussetzungen für Direktwerbung keine explizite Einwilligung erforderlich.

Fünf Großbuchstaben wurden in Büros, auf Fluren und in den Konferenzräumen vieler Un­ternehmen in letzter Zeit immer wieder wie ein Mantra herunter­gebetet: DSGVO. Sie stehen für die Datenschutz-Grundverord­nung, die seit dem 25. Mai 2018 in allen EU-Mitglieds­staaten gilt. Sie regelt die Verarbeitung personenbezoge­ner Daten durch private Unternehmen und öffentliche Stellen. Personenbezogene Daten innerhalb der EU sol­len hiermit stärker geschützt werden, gleichzeitig soll durch die Verordnung aber auch der freie Datenverkehr innerhalb des Europäischen Binnenmarktes gewährleis­tet sein.

Auch aus Sicht von Online-Händlern erhöht sich durch die DSGVO in vielen Fällen der Aufwand, um die Anforderungen an den Datenschutz umzusetzen. Grundsätzlich müssen sie transparenter und verständ­licher machen, wie und wofür sie personenbezogene Daten nutzen und verarbeiten. Das betrifft etwa die Er­stellung von Kundenprofilen oder Online-Werbung.

Was aber bisweilen unbeachtet bleibt: Unter be­stimmten Umständen kommt die DSGVO Unterneh­men auch entgegen. So wird es tendenziell leichter, ein berechtigtes Interesse für Werbemaßnahmen anzufüh­ren, ohne dass der Beworbene in die Werbung eingewil­ligt hat. Die Erwägungsgründe der DSGVO nennen die Verarbeitung personenbezogener Daten zum Zwecke der Direktwerbung ausdrücklich als Beispiel für ein mögli­ches berechtigtes Interesse, gerade im Verhältnis zu Be­standskunden.

Engere Grenzen setzt aber noch das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), das E-Mail-Werbung ohne ausdrückliche Einwilligung des Empfängers als unzumutbare Belästigung ansieht. Aber auch hier gelten Ausnahmen gegenüber Bestandskunden.

Ein Beispiel hierfür zeigt ein Urteil des Oberlandesgerichts München vom 15. Februar 2018 (AZ: 29 U 2799/17) auf: In dem Fall hatte ein Verbraucherver­band gegen den Betreiber einer Online-Partnerbörse geklagt. Ein Kunde hatte sich bei der Partnerbörse mit seiner E-Mail-Adresse registriert. Damit bekam er kosten­los Zugang zu den Profilen der anderen Kandidaten, konnte aber keinen Kontakt zu ihnen aufnehmen. Bei der Registrierung hatte er nicht explizit eingewilligt, E-Mail-Werbung zu erhalten. Der Betreiber der Partner­börse schickte ihm jedoch später eine E-Mail, in der er ihm die kostenpflichtige Mitgliedschaft anbot, die die Kontaktaufnahme zu anderen Kandidaten und weitere Services umfasst.

Laut dem Urteil des OLG München war dies erlaubt, da der Betreiber der Online-Partnerbörse den Kunden bei Erhebung der E-Mail-Adresse und bei jeder Verwen­dung klar und deutlich darauf hingewiesen hat, dass er der Verwendung jederzeit widersprechen kann und der Kunde nicht widersprochen hat. Aber hat der Nutzer mit der Gratisvereinbarung bereits Kundenstatus erreicht? Das war hier eine zentrale Frage des OLG München. Für die Richter lautete die Antwort: ja. Der Kunde habe die Werbe-E-Mail im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Dienstleistung erhalten. Hierbei sei »Verkauf« gleichzusetzen mit »Austauschvertrag«. Ein solcher war gegeben, da der Kunde eine Leistung und die On­line-Partnerbörse im Gegenzug seine Daten erhielt. Nach Annahme des OLG München sei mit der Werbe-E-Mail auch - wie erforderlich - eine »ähnliche Dienstleistung« der Partnerbörse angeboten worden.

Erschienen in Ausgabe 8/2018 der Zeitschrift creativ verpacken.

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