Den_Riegel_vorgeschoben.jpg
  • Andreas Thielmann

Den Riegel vorgeschoben

Abstand wahren – das gilt nicht nur im Straßenverkehr, sondern auch bei Produktgestaltungen. Das zeigen Streitfälle wie der um den Bounty-Schokoriegel.

Bei Schokolade hört für viele der Spaß auf. Da kann es zu Streit kommen, der bis vors Gericht führt. Geschehen zum Beispiel bei „Bounty“: Der Mars-Konzern konnte durch Umfragen belegen, dass die Mehrheit der Verbraucher die Form seines Schokoriegels tatsächlich mit Bounty verbinden. Deshalb durfte das Unternehmen ihn 2011 in Deutschland als Formmarke schützen lassen.

Ein Mitbewerber brachte allerdings kurze Zeit später einen ganz ähnlichen Riegel auf den Markt – mit dem Namen „Wish“. Der fromme Wunsch also womöglich, dass die Ähnlichkeit zu Bounty schon kein Problem darstellt. Tat es dann aber doch. Der Mars-Konzern reichte Klage ein wegen Verletzung seiner Formmarke. Die Folge war ein Tauziehen zwischen den Parteien. Vor dem Landgericht hatte die Klage zunächst Erfolg. Das Oberlandesgericht (OLG) Köln wies sie jedoch in zweiter Instanz ab. Die Begründung lautete unter anderem: Die Form von Wish sei nicht identisch mit der eingetragenen Formmarke Bounty und werde selbst nicht als Marke benutzt. Auch der abgefragte Bekanntheitsgrad von Bounty (es waren 53,2 Prozent) war dem OLG nicht hoch genug, um dem Riegel eine überdurchschnittliche Kennzeichnungskraft zuzuschreiben. Nach Auffassung des OLG wurde die Formmarke Bounty also nicht verletzt.

Bounty und seine „Anhänger“ entschieden sich daraufhin zur Meuterei – im heutigen rechtsstaatlichen Rahmen also durch Revision beim Bundesgerichtshof (BGH). Und sie erhielten Recht: Der BGH sah in den Produkten eine hohe Ähnlichkeit. Die Tatsache, dass Wish flacher und die Oberseite weniger fein gestaltet ist, war für die Richter nur eine geringfügige Abweichung, die erst im direkten Nebeneinander der Produkte zu erkennen ist. Verbraucher würden nach Einschätzung des BGH auch die Form von Wish als Herkunftshinweis und damit als Marke wahrnehmen. Das gilt auch dann, wenn der Bekanntheitsgrad, wie bei Bounty, nur knapp über 50 Prozent liegt. Der BGH widersprach also dem OLG und stellte so das Urteil aus erster Instanz wieder her – zugunsten von Bounty. Aufgrund der Verwechslungsgefahr wurde dem Hersteller von Wish untersagt, sein Produkt weiterhin zu produzieren, zu vertreiben und zu bewerben.

Das Beispiel zeigt, wie weit man für Schokolade gehen kann. Schon der anfängliche Aufwand, den der Mars-Konzern für die Eintragung seiner Formmarke betrieben hat, ist vergleichsweise hoch. Zeit- und kostenintensive Verbraucherbefragungen können sich aber sicher nur die wenigsten Unternehmen leisten. Wer selbst eine ungeschützte Produktform auf den Markt bringt, die einer Formmarke sehr ähnlich ist, sollte sich darauf einstellen, dass der Markeninhaber auch bei der Durchsetzung seiner Rechte ähnlich gründlich vorgeht. Es gilt also, schon bei der Gestaltung eines Produkts einen ausreichend großen Abstand zu der geschützten Form zu wahren. So lässt sich mancher Streit vermeiden – auch der um Schokolade.

Erschienen in der Ausgabe 1/2017 der Zeitschrift creativ verpacken.

Bild: kardd - Fotolia.com