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  • Andreas Thielmann

Das Gelbe vom Ei: Wirksamer Schutz von Verpackungen

Designs sind Standard im Kreativbereich – Patente hingegen spielen kaum eine Rolle. Dabei sind sie für viele Lösungen sinnvoll. Ein Beispiel aus der Lebensmittelbranche.

Attraktive Lösungen entwickeln, Ideen gestalten, Stilvolles in Szene setzen: Diese Tätigkeiten schreibt sich die Kreativbranche gerne zu. Ihr Selbstverständnis ist vor allem das Schöpferische – zum Beispiel ein eleganter Parfumflakon oder ein originelles Packaging für einen Smoothie. Sämtliche Geschäftsaktivitäten zielen darauf ab. Von der Produktentwicklung bis zum Marketing. Technische Finessen sind bei den meisten Produkten aus dem Kreativbereich zwar ebenso vorhanden, werden aber selten vermarktet – geschweige denn für Schutzrechte in Erwägung gezogen. Warum nur? Wo doch viele Fälle aus der Rechtsprechung zeigen, wie raffiniert Ästhetik und Technik ineinandergreifen können und wie naheliegend daher neben dem Designschutz auch ein technisches Schutzrecht – das Patent – sein kann.

Anschaulich macht das zum Beispiel der Rechtsstreit um einen Eierkarton. Sein Hersteller  hatte hierfür neben dem Produktdesign 2005 auch ein europäisches Patent erteilt bekommen (EP 1 373 100 B1). Es bezog sich laut Patentschrift auf eine „Schau- und Versandpackungseinheit für Eier oder ähnliche zerbrechliche Gegenstände“. 2014 reichte ein Wettbewerber gegen den deutschen Teil dieses europäischen Patents eine Nichtigkeitsklage ein. Der Vorwurf: Das Patent sei weder neu noch beruhe es auf einer erfinderischen Tätigkeit – zwei wesentliche Kriterien, die bei Patenten erfüllt sein müssen. Der Wettbewerber bekam zunächst Recht zugesprochen. 2017 erklärte das Bundespatentgericht das Patent für nichtig. Der Hersteller aber blieb hartnäckig und ging in Berufung. Mit Erfolg: Im Dezember 2018 entschied der Bundesgerichtshof (BGH), dass das Patent beschränkt aufrechterhalten bleibt. Demnach ist es gültig, wenn dessen Patentanspruch 1 mit den erteilten Patentansprüchen 29 und 30 kombiniert wird: Diese beziehen sich auf ein bestimmtes Muster aus Stützrippen, die sich an der Unterseite des Eierkartons befinden. In der spezifischen Anordnung von großen ebenen Oberflächen mit eiförmigen Bereichen und Stützrippen sind laut BGH sehr wohl die beiden wichtigsten Kriterien für ein Patent („Neuheit“ und „erfinderische Tätigkeit“) erfüllt.

Das zeigt: Ein wirksamer Schutz von Innovationen muss längst kein Eiertanz sein.

Auch für vermeintlich einfach konstruierte Verpackungen können Hersteller ein technisches Schutzrecht bekommen, das so stark ist, dass es selbst dem Angriff einer Nichtigkeitsklage standhält, und das geeignet ist, um erfolgreich gegen Nachahmung vorzugehen. Es kann sich also lohnen, für die eigenen Produkte nicht nur ein Design, sondern auch ein Patent anzumelden – ganz besonders dann, wenn man mit seiner neuen Verpackung auf einem umkämpften Markt mit vielen Wettbewerbern aktiv ist.

 

Erschienen in Ausgabe 7/2019 der Zeitschrift creativ verpacken.

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