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  • Dr. Reinhard Fischer

Biss zum Erfolg

Die Fußball-WM als Werbeverstärker? Der Gedanke liegt nahe, die rechtlichen Fallstricke ebenso. Wer sich an bestimmte Regeln hält, kann von der Aufmerksamkeit rund um das Großereignis aber trotzdem profitieren. Auch ohne Sponsorenvertrag.

„Entscheidend ist auf‘m Platz“ – und häufig auch drumherum: Wenn in diesem Jahr die Fußball-WM in Katar stattfindet, ruft das nicht nur die Spieler auf den Rasen, sondern auch Unternehmen auf den Plan, die das Großereignis für ihre Zwecke nutzen möchten. Viele tun dies ohne offiziellen Sponsorenvertrag, sondern indem sie die WM inhaltlich in ihre Werbebotschaft integrieren, um auf diese Weise mehr Aufmerksamkeit zu bekommen. So geschehen zum Beispiel bereits bei der Fußball-WM 2014: Während des Spiels Uruguay gegen Italien biss Luis Suarez seinem Gegenspieler Giorgio Chiellini zum Schrecken des Publikums in die Schulter. Snickers machte sich diese absurde Szene zunutze und kreierte den Slogan „Du bist nicht du, wenn du hungrig bist“ – ein Marketing-Coup, der die Aufmerksamkeit für die Marke enorm steigerte. Aktivitäten wie diese werden unter den Begriff Ambush Marketing gefasst. Das englische Wort „Ambush“ bedeutet „Hinterhalt“ – ganz so negativ ist diese Werbemaßnahme zumindest rechtlich jedoch nicht zu bewerten.

Bei Beachtung der Markenrechte ist schon ein wichtiges Kriterium für die Rechtmäßigkeit von Ambush-Marketingmaßnahmen erfüllt. Wer kein offizieller Sponsor ist, dem ist es grundsätzlich untersagt, Marken, Logos, Signets und Symbole des Veranstalters für eigene Werbezwecke zu nutzen. Markenschutz bekommt ein Veranstalter aber in der Regel nicht für Begriffe, die das Event lediglich beschreiben. Die Angabe FUSSBALL WM 2006 beispielsweise ist eine sprachübliche Bezeichnung für die entsprechende Sportveranstaltung. Sie ist laut einem BGH-Beschluss von 2006 demnach auch für andere Anbieter freizuhalten – sehr zur Freude vieler Unternehmen, die im betreffenden Jahr, als die WM in Deutschland stattfand, den Begriff für ihre Werbeaktionen verwendeten. Um die für eine „Eventmarke“ nötige Unterscheidbarkeit zu schaffen, ist daher regelmäßig ein zusätzlicher (herkunfts-) identifizierender Zusatz erforderlich ist (z. B. „FIFA Fußball WM 2006“). Diesen zu nutzen, ist allen Nicht-Sponsoren untersagt.

Mindestens so entscheidend wie markenrechtliche sind häufig wettbewerbsrechtliche Fragen im Kontext von Großereignissen. Im Jahr 2012 hatte ein Sportartikelhersteller zwei VIP-Tickets für das Champions League Finale verlost. Der Hersteller konnte zu dem Zeitpunkt allerdings weder die Eintrittskarten noch geschäftliche Beziehungen zum Veranstalter UEFA vorweisen. Das LG Stuttgart sah darin einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht – konkret: eine irreführende geschäftliche Handlung (gemäß § 5 UWG). Die Richter begründeten dies unter anderem damit, dass die Karten noch nicht im Vorverkauf gewesen und die Gewinnspielteilnehmer daher über die sichere Verfügbarkeit der Tickets getäuscht worden seien. Noch dazu sei durch die Bewerbung der Verlosung der Eindruck entstanden, dass das Unternehmen offizieller Sponsor des Champion League Finales sei. Zudem, so die Annahme der Richter, werde durch namentliche Nennung der Großveranstaltung deren guter Ruf unlauter ausgenutzt. Die UEFA bekam daraufhin Recht zugesprochen. Kurz danach jedoch kam eine andere Kammer des LG Stuttgarts in einem ähnlichen Fall zu einem anderen Schluss und stufte die Auslobung von Eintrittskarten für das Eröffnungsspiel der EURO 2012 als zulässig ein, obwohl der Auslobende kein offizieller Sponsor war.

Die Beispiele zeigen: Die Rechtslage ist noch nicht eindeutig geklärt und es kommt immer auch auf die konkrete Werbung an. Unternehmen, die im Sinne des Ambush-Marketing also von der Aufmerksamkeit eines sportlichen Großereignisses profitieren möchten, sollten vorsichtig sein. Vor allem gilt es zu vermeiden, dass der Eindruck einer Geschäftsbeziehung zum Veranstalter entsteht. Und: Dessen Markenrechte müssen beachtet werden.

Das Potenzial für Rechtsstreitigkeiten ist bei der diesjährigen Fußball-WM erneut groß. Damit es auch abseits des Rasens nicht zum Abpfiff kommt, ist juristischer Rat im Vorfeld häufig angebracht.

Erschienen in  Ausgabe 7/2022 der Zeitschrift creativ verpacken.

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