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  • Svenja Schwandt

Was geht ins Ohr?

Audiobranding ist ein wichtiges Instrument der Markenführung. Die rechtlichen Hürden zur Eintragung einer Hör- oder Klangmarke gilt es jedoch zu beachten.

Wir Menschen sind ja so berechenbar: Kaum hören wir das typische Zisch-Geräusch einer Getränkedose, denken wir an Erfrischung, an laue Sommerabende oder an den letzten Urlaub in der Sonne … Für Verhaltensforscher ein klarer Fall: Sie sprechen vom Pawlowschen Reflex, den schon ein simples Geräusch bei uns verursachen kann. Wir sind gewissermaßen konditioniert. Wir freuen uns, wenn es zischt. Und das wiederum freut so manches Unternehmen, das diesen Effekt im Sinne des Audiobranding – also durch bewusstes Einsetzen von Klängen und Geräuschen zum Zwecke der Markenführung – für sich nutzen möchte.

So wollte sich das Unternehmen Ardagh Metal Beverage Holdings aus Bonn, das Metall-Verpackungen für diverse Sprudelgetränke herstellt, das besagte Zisch-Geräusch des Dosenöffnens vom EUIPO (Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum) für verschiedene Getränke und Metallbehälter als Hörmarke schützen lassen. Das EUIPO jedoch lehnte ab – und das Unternehmen zog vor das Gericht der Europäischen Union (EuG). Aber auch hier gab es eine Abfuhr, die Klage wurde zurückgewiesen (Aktenzeichen: T-668/19). Die EuG-Richter begründeten ihre Entscheidung vom Juli 2021 unter anderem damit, dass ein Geräusch eindeutig einem bestimmten Unternehmen zugeordnet werden können muss, um als Hörmarke zu gelten. Das Geräusch hingegen, das beim Öffnen entsteht, ist der Dose oder Flasche „inhärent“ und unterscheidet sich nicht eindeutig von den Geräuschen von Produkten anderer Hersteller, so die Argumentation der Richter. Eine Beobachtung, die auch auf andere Bereiche zutrifft: So dürfte auch das Sektkorkenknallen oder das Anlassen eines Motors leicht zu verwechseln und nicht ohne weiteres als Hörmarke zu schützen sein.

Der Fall des Dosenzischens war im Übrigen der erste, über den am EuG zur Eintragung einer im Audioformat dargestellten Hörmarke verhandelt wurde. Seit 2017 können Hörmarken als Tondateien beim EUIPO registriert werden. Das deutsche Pendant, die sogenannte Klangmarke, erhielt erst im Jahr 2019 Einzug in das Markengesetz. Geschützt werden können damit nun auch Geräusche, die nicht unbedingt durch Notenschrift festgehalten sind. Sie müssen also nicht mehr „grafisch darstellbar“ sein, sondern es genügt, dass sie „eindeutig und klar bestimmbar“ sind.

In dieser Hinsicht haben einige Hersteller mit ihren Ideen bereits von sich hören lassen: Ein prominentes Beispiel ist das „Plopp“, das sich die Brauerei Flensburger erfolgreich schützen ließ und das mit dem Öffnen der typischen Bügelverschlussflasche assoziiert werden dürfte. Auch Firmen wie Henkell oder Erdinger konnten mit markanten Hörmarken ihren Bekanntheitsgrad enorm steigern. Ebenso die Deutsche Telekom, deren Jingle, bestehend aus fünf Tönen, vielen im Ohr klingen dürfte.

Audiobranding kann also für Unternehmen durchaus sinnvoll sein, um sich im Markt zu positionieren und vom Wettbewerb abzuheben. Die akustischen Erfahrungen, die wir Menschen im Alltag machen, sind jedoch offenbar so zahlreich, dass es für Markenanmelder schwer wird, das Kriterium „eindeutig und klar bestimmbar“ zu erfüllen. Dass wir uns freuen, wenn es zischt, reicht da nicht aus.

Erschienen in  Ausgabe 8/2022 der Zeitschrift creativ verpacken.

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